Plattenbau-Architektur neu interpretiert

Sigurd Larsen ist ein dänischer Architekt – er lebt und arbeitet in Berlin und ist im Design, in der Kunst sowie Architektur tätig. Seinen Masterabschluss erlangte Larsen an der Royal Academy of Fine Arts, School of Architecture in Kopenhagen, er arbeitete außerdem bereits in New York, Rotterdam, Kopenhagen und Berlin.
2009 gründete der Architekt sein eigenes Designstudio in Berlin. Seine Arbeiten stellen die Ästhetik hochwertiger Materialien heraus, die mit der Zeit an Charakter und Einzigartigkeit gewinnen. Sigurd Larsen "verliebt" sich bei seiner Arbeit oft in das Material, mit dem er arbeitet. Bei seinen Designs lässt sich Larsen anschließend von den Möglichkeiten und Grenzen des jeweiligen Werkstoffs inspirieren.
Je älter der Beton ist, desto schöner wird er – diese Auffassung vertritt der Architekt und arbeitet auch deshalb so gerne mit diesem Werkstoff. Ein Teil seiner Betonmöbelstücke ist von der Plattenbauweise der 1950er und 60er Jahre inspiriert. Larsen ist der Ansicht, dass diese Bauweise über einen ganz speziellen Charakter verfügt, den man – auch im Möbeldesign – unterstützen sollte, anstatt dagegen zu arbeiten. Larsen möchte die Menschen dazu inspirieren, Beton in jeder Form zu mögen – sei es als Möbelstück oder eben als Teil eines Plattenbaus.
Das Concrete Sideboard ist ein Beispiel für Larsens Arbeit mit dem „Plattenbau-Charme“. Das 1,20 m lange Sideboard aus Sichtbeton ist sehr schlicht und wird lediglich durch eine Box aus eingefärbtem Sperrholz oder aus Eichenholz aufgelockert.
In den 80er Jahren wurden Plattenbauten infolge der postmodernen Architektur oft durch die Hinzunahme von Pastellfarben in der Außengestaltung oder historisch anmutende Hauseingänge „aufgewertet“, wodurch die eigentliche, industrielle Herkunft der Gebäude der Nachkriegszeit verleugnet wurde. Das Concrete Sideboard zeigt die dem Plattenbau ähnlichen Materialien und Details in seiner rohen Form. Dennoch wirkt das Möbelstück edel und fügt sich auch in weniger puristische Einrichtungsstile gut ein.
Ähnlich dem Sideboard erscheint auch der Concrete Table von Sigurd Larsen rau und minimalistisch. Sein zurückgenommenes Design legt klaren Fokus auf die Tischplatte aus bewehrtem Beton mit ihrer außergewöhnlichen Formgebung. Den Betontisch gibt es in zwei Größen. Er wurde in erster Linie als Arbeitstisch designt, in dessen seitlichen Aussparungen Bücher oder andere Utensilien verstaut werden können. Bei einer Nutzung als Ess- bzw. Küchentisch kann die obere Aussparung zum Beispiel auch als Platz für Pflanzen oder Kräuter dienen.
Das Form Couple von Sigurd Larsen ist ein ganz besonderes Designobjekt. Es besteht aus zwei Komponenten, die den Prozess des Betonierens in einer Holzschalung abbilden. Das außergewöhnliche Design des Möbels spiegelt hierbei das Zusammenspiel von Negativ und Positiv wider – und jedes hinterlässt seine Spuren auf dem anderen. Für die Herstellung der Tisch-Stuhl-Kombination werden alle Materialien in den Prozess integriert, sodass keine Reste übrigbleiben. Die bereits zugeschnittenen Einzelteile aus Holz, die später zur Fertigung des Stuhls und der Tischbeine genutzt werden, dienen zuvor als Schalung für die Tischplatte aus Beton. Dadurch wird die Oberfläche des Holzes auf der Tischplatte sichtbar und sorgt für eine spannende Optik des Betons. Gleichzeitig hinterlässt der Beton seine Spuren auf dem nun zu Tischbeinen und Stuhl verarbeiteten Holz.
Das Außergewöhnliche an dieser Möbel-Kombination ist gerade das „nicht Perfekte“. Das Holz weist einen leichten Grauton auf, es besitzt einzigartige Male, die den Herstellungsprozess der Betonplatte zeigen. Und auch der Beton ist keinesfalls „makellos“. Er zeigt die Maserung des Holzes, hat leicht raue Kanten. Das Form Couple hat Charakter – und es zeigt, dass Möbelstücke altern dürfen und sollen. Beton sowie auch Holz sind Materialien, auf denen das Leben Spuren hinterlässt, aber genau das ist für Sigurd Larsen das Schöne.
Auf der Website des Architekten und Designers finden sich viele weitere spannende Projekte.
Fotos: Sigurd Larsen / Georg Roske